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Geburt

Am Samstag, 13.10.2007, kam Nico René mit 1430g in der 35sten Schwangerschaftswoche zur Welt – 5 Wochen vor dem errechneten und 2 Wochen vor dem mit der Klinik Holweide vereinbarten Termin. Nachts gegen 2.15h hatte Nexie einen Blasensprung und wir sind dann so schnell wie möglich ins Krankenhaus nach Köln gefahren. Dort wurden die Wehen (schon ca. 3-7min Abstand) erstmal stillgelegt bis 8.00h morgens, damit der Kaiserschnitt, das Transportteam und das OP-Team vorbereitet werden konnten. Um 9.04h wurde Nico dann per Kaiserschnitt geholt, um möglichst wenig bei ihm zu verletzen, und zur Überraschung aller schrie er! - Also waren die Lungen schon ausgereift und leistungsfähig und er atmete selbstständig!

Auf einer Zwischenstation (Perinatalstation), auf der sein Zustand stabilisiert wurde bis er transportfähig war, sah ich - Marcus - ihn zum ersten Mal. Ein weiteres Wunder war, dass er einen stabilen Kreislauf hatte, seine Herzfrequenz und Blutdruck waren stabil und auch seine Atmung.

Der erste Tag (Samstag)

Nach 50min (nicht erst nach 4h wie vorher kalkuliert) wurde er zur Kinderklinik Amsterdamer Str. in Köln gefahren und ich ging zurück zu Nexie. Dort holte mich kurze Zeit später der Oliver Timpanaro ab, der Stationsleiter der Intensivstation der Kinderlinik ist (er würde einige Tage später getauft werden zu „unser blauer Engel“). Er hatte zwar frei, wusste aber von unserem Fall und kam extra von zuhause aus Gummersbach, um mich zu meinem Kind zu bringen, weil Nexie wegen des Kaiserschnitts in Holweide blieb.

Nicos Darm lag in einer Tüte vor dem Bauch, damit dieser nicht austrocknete oder sich entzündete, und die Cele am Rücken war tatsächlich mit Fettgewebe überdeckt, so dass sie nicht sofort behandelt werden musste (noch ein Wunder!). (Zur Erklärung: Eine Cele ist eine Art Blase die mit Flüssigkeit gefüllt ist. Sie wird als „offener Rücken“ diagnostiziert und verhindert in der Schwangerschaft, dass das Rückenmark zumeist richtig ausgebildet wird)

Nachmittags gegen 15h kam der Chirug, Prof. Boemers und verlegte den Darm, das Stück Leber, etc. in den Bauch zurück. Aber abends wurde dann leider festgestellt, dass Nicos Beine nicht mehr ausreichend durchblutet wurden, weil der Darm wichtige Blutgefäße zudrückte. So wurde Samstagabend in einer 2. Operation etwa ein Drittel des Darms wieder herausgeholt und mit einem sterilen Plastikbeutel (der an den Bauch genäht war) vor dem Austrocknen oder einer Infektion geschützt.

Am Montagmorgen wurde dann in einer dritten OP noch mehr Entlastung geschaffen und ein künstlicher Darmausgang in die rechte Seite gelegt. Wieder stand sein Leben auf der Kippe und doch verlief die OP recht gut.

Die erste Woche

Nexie und ich hatten ein gemeinsames Zimmer bekommen und ich fuhr jeden Tag einmal in die Kinderklinik, um Nico zu besuchen und sie zu informieren. Seine Nahrung bekam er per Infusion und zur Sicherheit wurde er beatmet. Da er viele Schmerzmittel (morphinhaltig = kann abhängig machen) und Schlafmittel bekam, funktionierte sein Stoffwechsel auch nicht und so begann nun ein Warten darauf, dass er wieder etwas zu Kräften kommt und sein Darm besser durchblutet wird, abschwillt und seine Tätigkeit aufnahm.

Nexie sah Nico zum ersten Mal nach drei Tagen. Und weil wir in Holweide sehr gut und mit viel Liebe und Wärme versorgt wurden, kam Nexie sehr schnell wieder zu Kräften. Schon nach sieben Tagen, am Freitagabend, 19.10., konnten wir wieder nach Hause fahren.

Die zweite Woche

Mitte der zweiten Lebenswoche, am 23.10. (nach zehn Tagen), wurde Nico dann zum vierten Mal operiert. Der Darm wurde ganz in die Bauchhöhle gelegt, aber der Bauch nicht zugenäht, sondern nur ein Silikonflicken und darüber ein Gore-Tex-Flicken an Stelle der fehlenden Stück Bauchhaut eingenäht. Nun war der Darm komplett im Bauch, der Bauch aber noch nicht verschlossen.

Jetzt begann man mit dem Nahrungsaufbau und musste dazu das Schmerzmittel und das Schlafmittel absetzen. Erst dann würde der Stoffwechsel bzw. die Darmbewegung (Peristaltik) beginnen. Nachdem man die Dosis halbiert hatte, bekam Nico aber Krampfanfälle, wie sie bei Drogensüchtigen vorkommen, die einen „kalten Entzug“ machen. Er war also abhängig geworden. Sofort wurde ein Gegenmittel gespritzt, dem kleinen Körper wieder die „gewohnte“ Dosis Schmerzmittel und Schlafmittel gegeben und zur Sicherheit der ganze Körper per Ultraschalluntersuchung überprüft. Dabei stellte die Ärztin fest, dass Nico eine zweite Niere hat, die genau da links liegt, wo sie hingehört! Das war noch ein Wunder, weil bis dahin nur immer von einer rechten Niere gesprochen wurde!!!

Der erste Monat

Jeder Tag war für Nexie und mich ein Auf und Ab. Oliver sagte ganz am Anfang: „Ich könnt immer nur am Ende einer Woche einen Strich ziehen und zurückblicken, sonst werdet ihr verrückt.“ Die Schwestern auf „seiner“ Station versorgten Nico ganz, ganz toll und wir wussten und erlebten auch, dass er dort absolut gut aufgehoben war. Sie hatten uns auch ermutigt, lieber nur einmal am Tag für ein paar Stunden zu kommen und Liebe, Motivation, Kraft und Lebensfreude mitzubringen und sonst den Rest des Tages zu nutzen, um Kraft zu schöpfen, als täglich stundenlang am Bett zu sitzen, nichts tun zu können und dann daran zu verzweifeln. Unsere Besuche waren (und sind) immer sehr schön, aber je nachdem wie es Nico ging, so ging es uns dann auch. Nico war erstaunlicherweise oft einfach wach, reagierte auf unsere Stimmen und suchte mit den Augen nach uns. Er bewegte auch den Kopf, um die Stimmen zuzuordnen, wenn wir auf beiden Seiten des Bettes standen. Die Schwestern sagten, dass wir möglichst morgens kommen sollten, da er da überaus aufmerksam sei, aufnahmefähig und aktiv. Er würde dann sofort auf Berührungen und Sprechen reagieren und wir als Eltern sollten dies nutzen. So versuchen wir so oft wie möglich morgens zu ihm zu fahren.

Aufgrund der Cele wussten wir nicht, ob Nico querschnittsgelähmt und evtl. auch geistig zurückgeblieben sein würde, aber zu unserer Freude bewegte er die Beine, räkelte sich und streckte seine Zehen munter in die Welt. Auch zeigen sich bisher keine Anzeichen eines Wasserkopfs (tritt oft bei „offenem Rücken“ auf) und so freuen wir uns über jede seiner Bewegungen. Nach knapp vier Wochen war das Schmerzmittel abgesetzt und der Nahrungsaufbau begann.

Der aktuelle zweite Monat

So bekommt er nun täglich immer mehr Muttermilch in immer größeren Portionen. Sein Gewicht ist nun 1860g und sein Zustand so stabil, dass er von der „sehr intensiven“ Intensivstation auf eine „weniger intensive“ Intensivstation verlegt wurde. Er isst gut, sein Magen-Darm-Trakt verträgt die Nahrung gut, die Sonde, mit der die Magensäure bzw. der Gallensaft die ganzen Wochen aus dem Magen geholt wurde, wurde am Donnerstag (vor drei Tagen) entfernt und er schläft jetzt noch ruhiger (manchmal sogar durch).

Wie´s weiter geht

Morgen, Montag, 26.11., wird in einer fünften OP der Flicken verkleinert oder – wenn alles perfekt klappt – sogar der Bauch ganz verschlossen. Oliver sagte einmal: „Der Nico ist ein zäher Hund!“ und irgendwie passt das. Aber nach der OP wird er wieder Schmerzmittel bekommen, der Darm wird wieder stillgelegt sein und dann muss wieder mit dem Nahrungsaufbau begonnen werden. Irgendwann später muss noch eine Ableitung für das Urin geschaffen werden und dann noch später wird man sich mit der Cele beschäftigen. Deswegen gehen die Ärzte nicht davon aus, dass Nico dieses Jahr noch nach Hause kommt.